Direkte und indirekte Sicht am Lkw

Direkte und indirekte Sicht am Lkw
ETM Verlag

Perfekt  in die Parklücke rangiert, den Fußgänger gesehen – eine gute Rundumsicht im Lkw macht das Leben der Fahrer leichter. Die Straßenverkehrsordnung fordert ein ausreichendes Sichtfeld unter allen Betriebsverhältnissen. Wie steht es um die Sichtverhältnissen am Lkw?

Für Lkw ab 7,5 Tonnen sind rechter und linker Rückspiegel mit Wölbung Pflicht

Für Lkw ab 7,5 Tonnen Gesamtgewicht sind an rechter und linker Seite Rückspiegel mit einer bestimmten Wölbung vorgeschrieben. Auf der rechten Seite müssen zusätzlich ein Weitwinkelspiegel und in einer Höhe von mindestens zwei Metern ein sogenannter Anfahrspiegel montiert sein. Die Halterungen der Spiegel sind am Fahrzeug drehbar befestigt. Bei Kontakt mit einem Hindernis müssen sie wegklappen. Dadurch soll sich die Verletzungsgefahr vermindern. Bei den vorgeschriebenen Maßen bleiben die Spiegel unberücksichtigt. Fahrzeuge mit angebauten  Rückspiegeln dürfen die Breite von 2,55 Metern überschreiten.

Über Normalspiegel sieht der Fahrer den rückwärtigen Raum

Über die Normalspiegel links und rechts sieht der Fahrer den rückwärtigen Raum neben der jeweiligen Fahrzeugseite in leicht verkleinertem Maßstab ein. Der Weitwinkelspiegel auf der Beifahrerseite spiegelt hingegen die rechte Fahrzeugflanke in deutlich kleinerem Maßstab wider. Der Fahrer hat somit auch das im Blick, was sich im vorderen Bereich rechts neben dem Fahrzeug abspielt. Der Anfahrspiegel deckt schließlich den Bereich ab, der direkt rechts neben dem Fahrerhaus verläuft.

Weitwinkelspiegel birgt beim Rückwärtsfahren Schwachstellen

Allerdings hat ein auch noch so exakt geschliffener Weitwinkelspiegel bei der rückwärtigen Orientierung gravierende Schwachstellen. Die abgebildete Perspektive ist extrem verzerrt. Dadurch sind beispielsweise Abstände nur noch schlecht einzuschätzen. Dasselbe gilt für Geschwindigkeiten von heranfahrenden Fahrzeugen. Das Problem dabei ist, dass je nach Perspektive Bewegungen viel langsamer erscheinen als sie tatsächlich sind. Achtung: Sich nur mit einem Weitwinkelspiegel nach hinten zu orientieren ist verboten.
Liegen Normal- und Weitwinkelspiegel direkt beieinander – auch wenn sie in getrennten Gehäusen montiert sind – sollten Fahrer daran denken, dass sich das Auge auf zwei verschiedene Schärfeebenen einstellen muss. Es versucht dann durch ständiges Verändern der Brennweite diesen Zustand zu korrigieren. Die Schwerstarbeit des Auges kann Kopfschmerzen hervorrufen. Es kann aber auch passieren, dass ein Bild vor dem Spiegel unscharf zu schweben scheint.

Kameras können die Sicht verbessern

Kameras können die Sichtverhältnisse zumindest theoretisch verbessern. Allerdings hat dann der Fahrer neben verschiedenen Spiegeln auch noch einen Bildschirm im Blick. All diese Infos wollen verarbeitet ausgewertet und richtig zugeordnet werden. Besser sind etwa akustisch-optische Systeme: Sie reagieren mit Warntönen aus der jeweiligen Richtung auf eine Veränderungen im Sichtfeld.

Problematisch ist nach wie vor der tote Winkel. Aber auch A-Säule oder Stege der Seitenscheiben behindern oft die Sicht. Der Stuttgarter Fahrzeughersteller Mercedes-Benz hat insgesamt neun tote Winkel rund um den Lkw festgestellt. Seit einigen Jahren sind zum Beispiel Frontspiegel oder Fronkamera  vorgeschrieben. Die Sicht über die verschiedenen Spiegel oder Kameras wird als indirekte Sicht bezeichnet.

Auch die direkte Sicht aus dem Fahrerhaus ist vorgeschrieben

Die direkte Sicht aus dem Fahrerhaus schreibt ebenfalls die Straßenverkehrsordnung vor. Die einschlägige Regelung bestimmt, dass unter allen Betriebsverhältnissen ein ausreichendes Sichtfeld gewährleistet sein muss. In einem imaginären Halbkreis mit zwölf Meter Radius um den Fahrersitz sind die einzusehenden Flächen definiert. Ein neuralgischer Bereich entsteht dabei, wenn zwischen A-Säule und Rückspiegelhalterung der Durchblick versperrt ist.

Vorsicht vor asphärischen Spiegeln

Mit Vorsicht zu genießen sind asphärische Spiegel, wie sie oft bei Lieferwagen und Transportern zum Einsatz kommen. Diese Spiegel sind, getrennt durch einen dünnen Strich, in zwei Zonen unterteilt. Die äußere Zone ist stark gewölbt und bietet somit eine Weitwinkelperspektive. Das Sichtfeld ist verglichen mit normalen Spiegeln um 200 Prozent größer. Grundsätzlich ist der weitere Blick nicht verkehrt, allerdings deckt er nicht die gesamte Fahrzeugflanke ab. Der tote Winkel reduziert sich dadurch bestenfalls auf ein leicht verringertes Maß.